22. Kleines Segelflugzeug-Oldtimertreffen in Jena-Schöngleina 2017

Das 22. Kleine Segelflugzeug-Oldtimertreffen fand im August 2017 auf dem Flugplatz Jena-Schöngleina statt.

Geboren aus einer „Schnapsidee“ im Jahre 1997 bei den Strausberger Segelfliegern, erlebte das Kleine Segelflugzeug-Oldtimertreffen in Jena-Schöngleina sein 20. Jubiläum. Seine Prämissen hielten bis heute durch: Zahlung einer einmaligen Organisationsgebühr von 15 € durch jeden Piloten, kostenloses Hangarieren und Camping. In Jena übernahm übrigens der Förderkreis des Flugplatzes die Campinggebühren der Flugplatzbetreibergesellschaft. Und die Gegenleistung? Aufs Feinste und aufwändig restaurierte alte Segelflugzeuge für das Auge und Herz.

In Schöngleina fanden sich unter der Obhut von Organisator Manfred Fritsch und der Schirmherrin, der Thüringer Finanzministerin Heike Taubert, rund 50 Piloten mit 21 Segelflugzeugen ein, die an den vier Flugtagen für 5 € vom einheimischen Wolfgang Dienst unverdrossen und zur Zufriedenheit aller Piloten mit der starken 260 PS-Winde geschleppt wurden.

Einen Tag der Offenen Tür gab es auch, den interessierte Zuschauer und Alte Adler aus nah und fern gern als Gäste besuchten. Dabei war auch die Finanzministerien Heike Taubert, zu der die Jenenser offenbar einen sehr guten Draht haben. Immerhin stammt von ihr eine 5000-€-Spende für die Reparatur der Holmbrücke des Blaniks D-3200, der nun wieder fliegt. Interessanterweise wird sie vom Fliegerklub Carl Zeiss Jena e.V. auch einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für den Kauf neuer Funkgeräte erhalten. Hier haben sich die Jenenser nicht für das preiswertere KRT-2 entschieden, sondern für das wesentlich bedienerfreundliche ATR 833S der Firma F.U.N.K.E., das auf die gleiche Weise bedient wird wie die bisherigen Flugfunkgeräte.

Das von allen Teilnehmern sehnsüchtig erwartete Highlight war die Po-2 mit dem historischen Kennzeichen DM-WAH der Historische Flugzeuge Sachsen e.V. Als die „Podwa“, in Wahrheit eine 1954 gebaute CSS-13, der polnische Lizenzbau der Po-2, mit dem klassischen Sound ihres Fünfzylinder-Sternmotors M-11FR von 150 PS in Schöngleina landete, war es die Landung einer Po-2 nach 49 Jahren Abstinenz! Witzigerweise rettete Waldbrandgefahr das letzte deutsche Exemplar der „Podwa“ vor der Vernichtung. Das in den 1970er Jahren ausgemusterte Flugzeug sollte eigentlich am Waldrand verbrannt werden, doch Lutz-Peter Kern, heute Geschäftsführer des Luftsportverbandes Sachsen, rettete den Doppeldecker „aus Brandschutzgründen“, versteckte ihn in Riesa-Canitz und bewahrte ihn auf diese Weise vor der Vernichtung. Der Wiederaufbau erfolgte unter der Leitung von Gerd Fiedler und vielen Helfern in Jahnsdorf. Ohne den Einsatz von Lutz-Peter Kern, der unter anderem neue Tragflügel aus Polen organisierte, hätte mancher Arbeitsschritt noch wesentlich länger gedauert. Nach acht Jahre Restauration erhob sich das Schmuckstück am 6. Juni 2016 erstmals wieder in die Luft.

Am Boden in Schöngleina standen sogar die historisch passenden Segelflugzeuge für Schlepps bereit. Den ersten absolvierte das vom VEB Apparatebau Lommatzsch gebaute Baby IIb aus Bad Frankenhausen, den zweiten der FES 530/II Lehrmeister aus Pirna. Danach schleppte die „Podwa“ auch andere Doppelsitzer, darunter den „fliegenden Widerstand“ Slingsby T-21. Und das alles völlig problemlos, wenngleich es sehr gemächlich aufwärts ging.

Neben dem Lommatzscher Baby IIb, das seit langem in Taucha fliegt, sowie einem weiteren bei Christian Hynek in Wien ist das Baby IIb aus Bad Frankenhausen das dritte Baby aus Lommatzscher Produktion, das wieder fliegt. Ganz im Stillen haben die Segelflieger in Bad Frankenhausen ihr Baby mit dem Baujahr 1956 und dem heutigen Kennzeichen D-1530 wieder in die Luft gebracht. Die DDR-Zeit hat dieses Baby überlebt, weil es kurioserweise kurz nach einer Grundüberholung schwer beschädigt worden war. Das war eine harte Landung mit gebrochener Kielleiste. Der Schaden wurde nicht mehr repariert, aber das Flugzeug dennoch für Ausstellungszwecke verwendet. Daher entging es der üblichen Zerstörungspraxis. Als 1980 der Flugplatz Bad Frankenhausen wegen seiner Grenznähe geschlossen wurde, brachte man das Baby nach Aschersleben und lagerte es dort unter dem Hallendach ein. Mit der Gründung des Aeroclubs „Hans Grade“ im Jahre 1990 gelangte das Baby IIb wieder nach Bad Frankenhausen, wurde grundüberholt und fliegt nun seit 1992 wieder. 2003 folgte eine weitere Grundüberholung. Heute sieht man den Einsitzer bei Thermikflügen am Platz, auf Oldtimertreffen oder Flugplatzfesten sowie bei Ziellandewettbewerben, die jährlich beim Abfliegen stattfinden. Inzwischen ist es eine Auszeichnung, das gute Stück fliegen zu dürfen! Letzteres darf ein weiteres in Schöngleina vorgestelltes und ebenfalls in Lommatzsch gefertigtes Baby IIb noch nicht. Das war die DM-1528 aus Rudolstadt, die die dort viele Jahre lang eingelagert war und aus Anlass des Oldtimertreffens erstmal wieder aufgerüstet wurde. Obwohl alle Bolzen verrostet waren, genügte ihr Säubern und ein wenig Fett, um dieses Flugzeug mit Unterstützung vieler kundiger Helfer für eine Fotosession wieder zusammenzustecken. Christian Bujack schaute später in seinem ersten Flugbuch nach, um zu lesen, dass er genau diesem Baby am 25. Oktober 1970 seinen ersten Alleinflug und dann noch viele weitere schöne Flüge gemacht hatte.

Auch andere in der DDR gebaute Segelflugzeuge waren in Schöngleina dabei. Deren Zahl nimmt von Mal zu Mal zu, denn neben dem seit vielen Jahren im Einsatz befindlichen Lehrmeister II aus Pirna kann auch Sandro Rutz, der seine von allen bewunderte Lom 57 Libelle vorstellte. Dieses Flugzeug mit der Werknummer 15 wurde 1959 vom VEB Apparatebau Lommatzsch gebaut. Sie war das letzte Exemplar der Libelle-Reihe mit dem anfangs noch 6,79 m langem Rumpf, unter den Fliegern auch „Langnase“ genannt. Die Tragflächen mit 16,5 m Spannweite besitzen ein verdicktes Profil Gö 549, das man damals auch als halblaminar bezeichnete.

Die Werknummer 15 erhielt in der DDR das Kennzeichen DM-2515. Das DM stand für Deutschland Mitte (DDR). Im Jahre 1959 fuhr eine Delegation aus Lommatzsch unter anderem mit Kurt Götze als Testpilot in die Niederlande, um dort Segelflugzeuge aus der DDR-Produktion vorzuführen. Darunter war auch die DM-2515. Allerdings kam es zu keinem Kauf durch den Niederländischen Aeroklub, auch wenn die Flugeigenschaften der Libelle und ihre automatischen Ruderanschlüsse hoch gelobt wurden. Die englische Firma Slingsby hatte alles darangesetzt, jeglichen Kauf von Segelflugzeugen aus der DDR zu unterbinden. Ein Jahr später holte ein westdeutscher Lommatzsch-Vertreter die DM-2515 in die BRD. Aber bald darauf musste er aus dem Land fliehen, weil er unter Spionageverdacht geraten war. Die Libelle stand noch einige Zeit verwaist herum und schließlich kaufte ein Verein das Flugzeug direkt von der DDR-Regierung. Später erhielt diese Lom 57, sie trug inzwischen das Kennzeichen D-5813, eine Kabinenhaube der LS 1f. 1996 wurde das Flugzeug restauriert und erhielt anstelle der Bugkufe ein Bugrad. 1970 kam ein gebremstes TOST-Rad hinzu, dessen Seilzug an die Sturzflugbremse angeschlossen wurde.

Im September 2014 wurde die ehemalige DM-2515 wieder nach Sachsen geholt und 2015 durch das sächsische Denkmalamt als erstes fliegende Denkmal in Sachsen unter Schutz gestellt. Gleichzeitig begann unter Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit der Rückbau des Flugzeuges in den Originalzustand. Seit 2016 befindet sich die Libelle wieder auf jenem Flugplatz, auf dem sie 1959 erstmals geflogen war. Das war auf dem Flugplatz Riesa-Canitz, dem ehemaligen Werkflugplatz des VEB Apparatebau Lommatzsch. Nach knapp sechzig Jahren nun die einzige in die BRD verkaufte Libelle wieder ihre Heimat im alten Lommatzscher Hangar wiedergefunden. In Schöngleina war die Libelle von Sandro Rutz noch als einzige vertreten. Doch bald wird wohl ein ganzes „Geschwader“ von Libellen im Anflug sein, von denen gegenwärtig im Osten Deutschlands immerhin fünf Exemplare restauriert werden.

Die traditionelle Wahl des schönsten Segelflugzeuges war diesmal keine Sache der Teilnehmer, sondern des Vorstandes des FK Carl Zeiss Jena. Mit den Worten „Der Vorstand hat entschieden…“ gab Manfred Fritsch die Entscheidung für den SG 38 aus Brandenburg bekannt. Dennis Tosch hat eine kleine Gruppe um sich geschart, die sich der Wiederzulassung dieses SG 38 widmet. Den Entscheidern beeindruckte es, dass sich junge Leute für den Erhalt eines Oldtimers aus ihrem Verein interessieren. Für die längste Flugzeit von 1:59 Stunden wurde Patrick Zimmer auf Ka 2b ausgezeichnet, für die weiteste Anreise mit 400 km Mathias Großer aus Kiel. Den von Uschi und Eberhard Wötzel betreuten Landewettbewerb entschied Hanno Capelle auf Ka 2 mit 25 Punkten für sich. Hier ging es sehr eng zu, denn Hanno folgten zahlreiche Piloten, die 24 Punkte erreicht hatten.

Teilnehmer

Teilnehmer Flugzeugtyp Kennzeichen
Roland Sturm, Andreas Janke (Pirna) FES 530/II DM-3152
Frank-Dieter Lemke (Strausberg) Glasflügel Mosquito D-3389
Manfred Fritsch (Jena-Schöngleina) Let L-13 Blanik D-3200
Sandro Rutz (Riesa-Canitz) Lom 57 Libelle DM-2515
Jan Philipp (Bad Frankenhausen) Lom Baby IIb D-1530
Gunter Scholz (Leipzig-Taucha) Lom Baby IIb D-1627
(Rudolstadt) Lom Baby IIb DM-1528
Gunter Scholz (Historische Flugzeuge e.V.) Po-2 (CSS-13) DM-WAH
Detlef Otto, Uwe Berndt (Altenburg) Scheibe Bergfalke III D-9177
Hanno Capelle, Daniel Disse (LSV Egge) Schleicher Ka 2 D-0718
Patrick Zimmer (Luftsportjugend Laucha) Schleicher Ka 2b D-8552
Henry Seifert (Akaflieg Stuttgart+Waterkant) Schleicher Ka 6-0 D-5468
Mathias Großer (Honigsee) Schleicher Ka 6CR D-4602
Alexander Görnitz (Nardt) SG 38 D-NNSG
Dennis Tosch (Brandenburg) SG 38 D-5550
Manfred Wonneberger (Leipzig-Taucha) Siebert Sie 3 D-4065
Dirk Semmler, Henry Prenzlow, Uwe Wolf (Brandenburg) Slingsby T.21b BGA 3423
Joachim und Hubert Maleschka (Strausberg) SZD-24-4A Foka 4 D-8802
Christian Bujack (Bad Berka) SZD-32A Foka 5 D-2205
Ralf Endres (Jena-Schöngleina) SZD-30 Pirat D-1718
Armin Hufe (Jena-Schöngleina) SZD-30 Pirat D-1873
Tomas Mezera, Jan Krejci (Rana/CZ) VT-116 Orlik IIZk OK-7425

Text: Frank-Dieter Lemke